Utopie einer verpassten Chance
Vor 100 Jahren in Weimar gegründet, sollte das Bauhaus Weltgeschichte in Architektur, Design und Malerei schreiben. Wenig bekannt sind dabei die mannigfaltigen Bezüge zur Darmstädter Mathildenhöhe, des Geburtsortes der internationalen Jugendstilbewegung und frühen Wirkungsstätte vieler Bauhaus-Legenden. Walter Gropius, Gründer des Bauhauses, arbeitete bei Peter Behrens, ebenso Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier, wodurch das Architekturbüro besondere Bedeutung erlangte. Das berühmte Bauhaus-Archiv, von Walter Gropius geplant und am Berliner Landwehrkanal 1954 errichtet, wurde ursprünglich für die Darmstädter Rosenhöhe entworfen und bezieht sich in seiner Dachform auf den Fünf-Finger-Turm der Mathildenhöhe. Die Stadt Darmstadt hatte den Bau jedoch in seinem ursprünglichen Entwurf nicht finanzieren können und lehnte ebenso wie schon in den 1920er Jahren ab, als Gropius der Stadt Darmstadt die Neueröffnung des Bauhauses vor dessen drohender Schließung in Weimar anbot.
2019 steht das Bauhaus in Darmstadt
All diese Zusammenhänge boten einer Gruppe von sechs Studierenden Anlass, sich zum 100-jährigen Jubiläum des Bauhauses im Rahmen einer Semesterarbeit mit der Geschichte des Fachbereichs – ansässig auf der Darmstädter Mathildenhöhe – und seinen Bezügen zum Bauhaus zu beschäftigen. Die Studierenden recherchierten die Standortauswahl auf der Mathildenhöhe für die geplante Übersiedlung im Jahr 1920. Das berühmte Bauhausgebäude simulierten sie auf einem teilweise leerstehenden Grundstück in Angrenzung an die Kunstgewerbeschule, dem heutigen Fachbereich Design, vis-a-vis der Darmstädter Künstlerkolonie. Dieses wurde von den Studierenden vollständig in 3D-Modellen aufgebaut und aufwändig animiert. Werkstätten und Einrichtungsdetails des Bauhauses wurden auf Grundlage historischer Fotos und ursprünglicher Grundrisse in Blender aufgebaut sowie in Unity animiert.
Virtuelle Realität macht Geschichte erlebbar
Als Ergebnis entstand eine interaktive VR Experience, die dem Nutzer erlaubt, sich in der architektonischen Utopie der Errichtung des Bauhauses auf der Darmstädter Mathildenhöhe zu bewegen und charmante Details über die Bezüge der beiden Institutionen Bauhaus und Mathildenhöhe sowie der Menschen, die dort lebten, zu entdecken. So findet sich beispielsweise in der Schublade von Walter Gropius Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer einen heimlichen Brief von Alma Mahler, die – wie die Recherche historischer Begebenheiten ergab – eine Liaison mit Joseph Maria Olbrich aus Darmstadt unterhielt.
Die entstandene VR Installation ist eine digitale Erweiterung zur Ausstellung „Das Bauhaus im Spiegel der Mathildenhöhe" der Fachhochschule Darmstadt, die im Oktober 2019 im Designhaus auf der Mathildenhöhe eröffnet wird.